Projekt 2016
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Ärztin Gabriele Riedel-Schneider misst in der Straßenambulanz bei Hugo erstmal den Blutdruck. Foto: Renate Hoyer

Frankfurter Rundschau 14.08.2017 15:46 Uhr

Von Detlef Sundermann

“„Im gesamten Main-Kinzig-Kreis existiert keine Straßenambulanz“, sagt Sabine Assmann. Nun gibt es eine, in Hanau im „Haus der Strassenengel“. Assmann ist die Vorsitzende des Vereins Strassenengel, der im März seine Tagesstätte im ehemaligen Nordbahnhof bezog. Die medizinische Versorgung von bedürftigen und obdachlosen Menschen stand für den Vorstand schon damals auf der Wunschliste.

Zuvor musste jedoch Geld für die Einrichtung eines Behandlungszimmers mit Liege und Medizinschränken aufgetrieben und um Ärzte geworben werden, die ehrenamtlich arbeiten. In wieweit die Straßenambulanz Akzeptanz finden wird, ist für den Verein noch ungewiss. Im Rhein-Main-Gebiet gebe es nur eine weitere in Frankfurt. Die Öffnungszeit in Hanau ist zunächst auf mittwochs 13 bis 15 Uhr festgelegt worden. Die Sprechzeit soll erst einmal für acht Wochen gelten.

Gabriele Riedel-Schneider, ,Internistin aus Offenbach, und Werner Haag aus Obertshausen, pensionierter Allgemeinmediziner mit Engagement im weltweit helfenden Verein German-Doctors, der Ärzte in armen und von kriegerischen Konflikten zerrütteten Ländern entsendet, helfen mit. „Es haben sich außerdem noch zwei Hanauer Ärzte gemeldet, falls weiterreichende Untersuchungen etwa mit Ultraschall erforderlich seien sollten“, sagt Assmann.

Auch ein Apotheker habe Unterstützung angekündigt. Die nahgelegene Lamboy Apotheke wolle Verbrauchsmaterial verschenken ebenso einige Arztpraxen. Das Ambulanzzimmer konnte mit einer Spende in Höhe von 8200 Euro ausgestattet werden, die der Frankfurter Spendensammelverein Bankers, Investors Spenden-Syndikate (BISS) überreichte.

Die Behandlungen laufen als „privat“. Die Genehmigung der Kassenärztliche Vereinigung wurde somit umgangen, sagt Assmann.

Menschen ohne Krankenversicherungen können die Ambulanz aufsuchen, aber auch solche, die eine Versicherungskarte besitzen, sich aber wegen ihres Lebens auf der Straße nicht in eine reguläre Praxis trauen.

Obdachlose mit Krankenversicherung würden jedoch zunächst an einen niedergelassenen Arzt verwiesen, der dem Verein bekannt ist. „Bei schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankungen bleibt den Nichtversicherten nur die Notaufnahme der Krankenhäuser“, sagt Assmann.

Wer sich in der Straßenambulanz behandeln lässt, zahlt keinen Cent dafür. Braucht der Patient ein verschreibungspflichtiges Medikament, erhält er dort ein Rezept für Privatpatienten. „Die Medikamentenkosten versuchen wir aus Spenden zu finanzieren“, sagt Assmann. Der Topf sei nicht groß, Förderer würden deshalb gesucht und Apotheker, die Arzneien günstig abgeben können.

Hautprobleme, offene und schlecht heilende Wunden sowie Infektionen zählen zu den Haupterkrankungen von obdachlosen Menschen, sagt Riedel-Schneider. Behandlunghemmnisse wegen der Lebensumstände der Patienten soll es nicht geben. „Wer heftig riecht, wird vorher unter die Dusche geschickt und kann danach frische Sachen aus der Kleiderkammer der Strassenengel anziehen“, sagt Assmann.

Riedel-Schneider ist nicht empfindlich. „Ich habe zehn Jahre in der Offenbacher Klinik gearbeitet und dort so manchen Obdachlosen behandelt“, sagt die Ärztin, die ihre Instrumente und Utensilien in einer klassischen Doktortasche verpackt hat. In der einfachen medizintechnischen Ausstattung des Ambulanzraumes sieht Riedel-Schneider keine Einschränkung. „Auch mit wenig kann man schon viel bewirken“, sagt sie. „Das Stethoskop allein ist sehr hilfreich. Ich habe ja zwei Ohren und ein Gehirn dazwischen“, sagt die Medizinerin.”

 

 

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